Bitte um Ihre Mithilfe zur Aufklärung des Todes meines Vaters, Gerd Zimmermann (22.02.1944 – 08.02.2013, der am 08.02.2013 im UKSH Lübeck auf der Station 12a gestorben ist.
Ich appelliere an Ihre Menschlichkeit, bitte behandeln Sie uns Angehörige nicht länger wie ein lästiges Übel, nur weil wir offene Fragen haben, bitte nehmen Sie zu uns Kontakt auf (auch anonym), wir sind für jeden Hinweis dankbar.
Dies ist ein offener Brief an alle Mitarbeiter.
Vor kurzem haben wir die Information erhalten, dass es von Seiten des UKSH eine schriftliche Stellungnahme zur Todesnacht meines Vaters gibt, die unsere offenen Fragen beantworten könnte, aber leider dürfen wir diese Stellungnahme nicht einsehen, denn die Stellungnahme des UKSH sei „streng vertraulich“. Bitte verhöhnen Sie nicht auch noch unser Leid, indem es eine „geheime“ Stellungnahme gibt, die ausgerechnet wir Angehörigen nicht lesen dürfen. Bitte, senden Sie uns diese schriftliche „geheime“ Stellungnahme zu.
Ich möchte Ihnen schreiben, warum wir (meine Mutter, meine Schwester und ich) so sehr traumatisiert sind, selbst durch das Erlebte krank geworden sind, täglich Tränen fließen, immer wieder diese Nacht vor Augen haben, unsere Trauer nicht verarbeiten können und viele offene Fragen haben, deshalb werde ich unser Erlebtes berichten: Es war am 07.02.2013. Ich hatte vorher noch nie einen Menschen mit so starken Schmerzen gesehen, heute weiß ich was gemeint ist, wenn von einem Vernichtungsschmerz bei einem Herzinfarkt gesprochen wird. Ich sehe meinen Dad noch vor mir, er war ganz blass, nassgeschwitzt, der Schweiß tropfte ihm richtig von der Stirn, trotzdem war ihm kalt und auch sein Körper fühlte sich ganz kalt an, er zitterte und wimmerte, und sein Gesichtsausdruck war schmerzerfüllt. Der Rettungsdienst kam schnell und brachte ihn um 18.43 Uhr ins UKSH, wir fuhren mit unserem Auto hinterher und warteten anschließend ängstlich auf dem Flur vor der Notaufnahme.
Dann sahen wir wie jemand dort Gerd auf einer Liege über den Flur schob und meine Mutter fragte eine Frau an der Anmeldung, ob wir zu ihm können, sie bejahte die Frage, aber dass nur eine von uns zu ihm darf. Meine Mutter ging dann zu Gerd und fragte ihn: „Was ist denn mit Dir?“ Gerd sagte ihr, dass er einen Herzinfarkt hat, und dass er auch noch Schmerzen hat. Der Arzt, der bei ihm war, bestätigte dies meiner Mutter, in dem er zu ihr sagte, dass Gerd einen schweren Herzinfarkt hat und eine Sepsis, und dass er nachher noch etwas gegen die Schmerzen bekommen werde, aber dass er jetzt erst in den Röntgenraum muss. Meine Mutter kam dann zu uns zurück. Um 21 Uhr wurde er auf die Station 12a gebracht, der Arzt schob Gerd in seinem Bett über den Flur und hielt mit ihm bei uns an. Ich fragte Gerd sofort, wie es ihm denn jetzt geht. Er hatte noch Schmerzen und er fragte den Arzt, ob er gleich noch etwas gegen die Schmerzen bekommen könnte. Der Arzt sagte ihm, dass er gleich auf der Intensivstation noch etwas dagegen bekommen werde, und dann beschrieb er uns noch den Weg zum Wartebereich der Station 12a. Wir gingen dort hin und warteten.
Um 22.30 Uhr durften wir zu ihm ans Krankenbett. Ein anderer Arzt, der uns aus dem Wartebereich abholte, sagte zu uns, dass Gerd eine Sepsis hat, aber er beruhigte uns, und sagte, dass er nicht in Lebensgefahr schweben würde. Wir standen dann bei Gerd am Bett und er berichtete uns, dass er einen Herzinfarkt hat, und durch die Infusion durch die Halsader noch etwas gegen die Schmerzen bekommen hat, und er lobte das Krankenhaus, in dem er sagte, dass er sich hier gut aufgehoben fühlt, und dass der Arzt in der Notaufnahme, ein sehr netter Arzt sei. Gerd erzählte uns, dass er noch einen Tag auf der Intensivstation bleiben soll, und danach noch 10 Tage stationär. Wir blieben noch ein Weile bei Gerd am Bett und unterhielten uns mit ihm, dann verabschiedeten wir uns mit den Worten:
„Wir sehen uns morgen.“
Es blieben seine letzten Worte an uns.
Am frühen Morgen gegen 4.45 Uhr klingelte das Telefon. Die Ärztin, die meinen Dad in der Nacht behandelt hat, war ganz aufgeregt und sagte, dass sie auch nicht weiß was passiert sei, plötzlich sei sein Kaliumspiegel explodiert und seine Nieren hätten versagt, dass sie ihn dann 40 Minuten reanimiert haben und er an die Dialyse angeschlossen wurde, und dass er die Nacht wohl nicht überleben werde. Ich zitterte so sehr, dass ich kaum den Stift halten konnte, mit dem ich mir die Informationen auf einen Notizzettel schrieb. Sie wollte nicht, dass wir gleich in die Klinik kommen, sie sagte, dass wir sowieso noch nicht zu Gerd ins Zimmer dürfen, weil erst noch der Ärztewechsel stattfinden würde, die Übergabe, die Betten müssten gemacht werden, dass wir so gegen 9.00 Uhr anrufen sollen. Natürlich fuhren wir trotzdem sofort in die Klinik, wir hatten so große Angst um unseren Gerd.
Dort angekommen, klingelten wir bei der Station 12a. Die behandelnde Ärztin kam zu uns auf den Flur, hatte aber nur kurz Zeit. Sie sagte, dass wir nicht hätten kommen sollen, denn sie hätte ja schon am Telefon gesagt, dass wir nicht zu ihm dürfen, aber sie machte uns Hoffnung, sie sagte: „Es geht ihm ein klein wenig besser.“ Die nächsten 2 Stunden saßen wir im Flur, in einem Wartebereich vor der Intensivstation. Es war still auf dem Flur, bis auf diese nervige Uhr, die oben an der Decke hängt, jede Minute springt das Ziffernblatt der Uhr um, und macht dabei immer ein Geräusch, „klack…..klack….klack“. Die Zeit kam uns vor wie eine Ewigkeit, während wir immer auf die geschlossene Tür der Intensivstation starrten. Nachdem wir etwa 100 Mal die klackende Uhr hörten, füllte sich der Flur langsam mit Menschen.
Es schien tatsächlich ein Schichtwechsel stattzufinden, auch das Herzkatheterlabor nebenan wurde geöffnet. Um 8.00 Uhr kam dann ein Mann durch die Tür der Intensivstation auf uns zu, wir kannten ihn nicht, er stellte sich uns auch nicht vor, wir wussten zu dem Zeitpunkt auch nicht, dass er ein Arzt ist, er sagte nur, dass wir jetzt zu Gerd dürfen, sonst nichts weiter. Wir folgten dem Mann, und auf dem Weg kamen wir an der Ärztin vorbei, die uns nachts angerufen hatte, und in einem aufgeregten Ton sagte sie zu dem Mann: „Waaas jetzt?“ Er antwortet darauf nicht und brachte uns schweigend zu Gerd. Wir standen dann an seinem Bett, endlich durften wir ihn besuchen, die Ärztin hatte ja vor ein paar Stunden gesagt, dass es Gerd ein wenig besser gehen würde.
Aber dann, ohne Vorwarnung, stellte der Mann einfach den Monitor ab. Er war dabei sehr hektisch, und dann stellte er das Dialysegerät ab. Wir bekamen Angst, starrten den Mann an, völlig fassungslos schrie ich den Mann an: „Was machen Sie denn da? Was soll das? Auch meine Mutter fragte ihn ganz aufgebracht: „Wieso stellen Sie alles ab? Der Mann antwortete nur ganz knapp: „Er stirbt jetzt, Sie können nun Abschied nehmen.“ Und dann ging er einfach weg.
Ich hatte in meinem Leben vorher noch niemals so viele Gefühle auf einmal in mir, wie in diesem Moment. Es war ein riesiges Gefühl der Panik, gleichzeitig Trauer, Hilflosigkeit, ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, zitterte am ganzen Körper und weinte. Meine Mutter und meine Schwester sahen aus wie in einem seelischen Schockzustand, Tränen im Gesicht, und die Angst in großen Augen. Ich kannte diesen Mann nicht, für mich fühlte es sich so an, als wenn gerade ein Verrückter meinen Vater tötet.
Gerd atmete weiter, wir wussten überhaupt nicht was dort gerade geschah. Vor 2 Stunden sagte die Ärztin doch noch, dass es ihm ein wenig besser geht, was war denn jetzt plötzlich passiert? Dann kam eine Krankenschwester ins Zimmer, mit zitternder Stimme sagte ich sofort zu ihr: „Er atmet doch noch!“ Die Krankenschwester entschuldigte sich und sagte, dass er vergessen hätte das Beatmungsgerät abzustellen. Sie holte den Mann zurück, der stellte schnell das Gerät ab und ging sofort wieder aus dem Zimmer, ohne ein Wort. Da lag unser Gerd nun mit geschlossenen Augen, der Mund weit geöffnet, weil dieser dicke Tubus noch in seinem Hals steckte, und die Schläuche seitlich an seinem Hals. Wir weinten schrecklich. Ich bin eigentlich ein sehr ruhiger Mensch, aber in meiner Verzweiflung fing ich an zu schreien: „Komm zurück Gerd, bitte komm zurück.“ Meine Mutter stand mir gegenüber am Bett, sie war ganz blass und streichelte Gerd, und ich hörte, wie auch sie immer sagte: „Bitte komm zurück, Gerd.“ Sie holte seine Arme unter der Bettdecke raus, und legte sie ihm auf die Decke. Gerd mochte es doch nie, wenn seine Arme und seine Hände zugedeckt waren. Meine Schwester stand mit auf meiner Seite am Bett, sie war ganz nervös und sah schon völlig verheult aus, ihr Gesicht war ganz rot, und ich hört wie sie immer sagte: „Papa.“
An Gerd seinem Auge zuckte es ständig, und dann hob er mehrmals seinen Finger. Ich hatte das Gefühl, dass Gerd noch lebt. Ich ging schnell raus aus dem Zimmer, um Hilfe zu holen. Dort stand ein älterer Arzt, den ich zu dem Zeitpunkt noch nicht kannte, ich sprach ihn sofort an und sagte ihm, dass Gerd seinen Finger noch bewegt und fragte ihn, ob Tote noch zucken? Er kam dann mit ins Zimmer, und warf einen Blick auf ihn, sagte aber nichts, und ging wieder raus. Wir hörten und sahen dann wie auf dem Flur der ältere Arzt – er war vorher gerade beim Schichtwechsel angekommen – mit der Ärztin, die Gerd in Nacht behandelt hatte und dem Mann, der die Geräte abgestellt hatte – alles besprach, und ganz laut mit ihnen schimpfte, und wir hörten Satzteile wie: „Nein, das gibt man dann nicht,“ und :“Nein, das macht man dann nicht.“
Dann kam die Ärztin wieder ins Zimmer. Sie stellte sich an das Fußende des Bettes, über ihr hing eine Uhr, meine Mutter blickte dort hin und sagte: „Dann ist Gerd jetzt wohl um 8.10 Uhr gestorben.“ Die Ärztin berichtete uns, dass es Gerd nachts noch gut ging, und dass er ihr einen Witz erzählt hätte, und dann fing sie an uns den Witz zu erzählen. Sie erzählte irgendetwas von einem Holzbein und einen Schlüssel. Anscheinend fand sie den Witz sehr lustig, allerdings war sie die Einzige, die in dem Moment darüber lachte. Direkt neben uns lag Gerd leblos in dem Bett, der Schlauch steckte noch in seinem Mund. Dann kam der ältere Arzt und holte uns aus dem Zimmer, während er mit dem Personal schimpfte, dass man uns hier nicht so stehen lassen kann, er war dabei laut: „Gibt es hier auch einen Raum, in dem kein Toter liegt?“
Wir standen dann mit ihm im Flur auf der Intensivstation und er teilte uns mit, dass Gerd an einem kardiogenen Schock mit Multiorganversagen gestorben sei, und dass wir unbedingt eine Obduktion machen lassen sollen. Der Arzt hatte dann keine Zeit mehr, weil er zu einer OP musste. Wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht, was ein kardiogener Schock ist, und auch nicht, ob man dafür eine Obduktion benötigt. Ich fragte dann eine Krankenschwester, ob wir kurz rausgehen können, um zu telefonieren. Meine Mutter rief von ihrem Handy aus Gerd seinen Hausarzt an, der auch Kardiologe ist. Sie berichtete ihm unter Tränen was passiert ist, und bekam den Rat, dass wir unbedingt eine Obduktion machen lassen sollen.
Wir klingelten dann wieder an der Station 12a und teilten der behandelnden Ärztin mit, dass wir uns für eine Obduktion entschieden haben. Sie bat uns dann noch kurz im Wartebereich auf dem Flur vor der Intensivstation zu warten. Ich merkte, dass die Menschen dort im Wartebereich uns beobachteten, weil wir so sehr weinten. Dann wurden wir wieder reingeholt und eine Frau brachte uns zu einem Raum, ich weiß nicht, ob es eine Ärztin oder eine Krankenschwester war, sie hat sich uns nicht vorgestellt. Wir dachten, dass es ein Besprechungszimmer wäre, in dem man uns in Ruhe einmal erklärt, was eigentlich genau in der Nacht passiert ist, und was ein kardiogener Schock ist.
Sie machte die Tür auf und ich ging zuerst in den Raum, hinter mir meine Mutter und meine Schwester. Die Frau kam nicht mit rein, sie sagte nur: „Lassen Sie sich Zeit“ und ging weg. Der Raum war etwas abgedunkelt, und dann sah ich unseren toten Gerd dort auf einer Liege. Die Schläuche, die vorher noch seitlich an seinem Hals hingen, waren jetzt entfernt und man hatte ihm ein dickes Handtuch unter sein Kinn gestopft. Meine Mutter ging an sein Bett und holte wieder seine Hände unter der Bettdecke raus, da die Decke bis zu seinem Hals hochgezogen war. Das Maß an seelischem Leid, was unsere Psyche ertragen konnte, war längst überschritten. Meine Schwester wurde richtig panisch und weinte laut, sie stand an der Tür, und ich sah, dass sie nur noch raus aus diesem Raum wollte, nur noch raus aus dieser unerträglichen Situation, und meine Mutter sah aus, als wenn sie gleich ohnmächtig werden würde.
Wir verließen den Raum. Auf dem Flur bekamen wir noch eine Plastiktüte in die Hand gedrückt, in der sich Gerd seine Kleidung befand, dann sollten wir gehen. Und da standen wir dann draußen vor der Klinik, es schneite sehr stark, in der Hand die Tüte mit dem „Rest“ von unserem Gerd. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Aber es geht noch weiter. Wir verstanden nicht, warum Gerd so plötzlich gestorben war. Wir hatten nur die eine Aussage der Ärztin in der Nacht: „Ich weiß nicht was passiert ist, plötzlich ist sein Kaliumspiegel explodiert……“ Wir wussten nicht was das zu bedeuten hat, und auch nicht, warum ein Kaliumspiegel „explodiert“. Und dann hatten wir noch die Aussage des älteren Arztes: „Er ist an einem kardiogenen Schock mit Multiorganversagen gestorben.“
Wir baten dann Gerd seinen Hausarzt (Kardiologen) um Rat. Nachdem wir mehrmals die Klinik darum gebeten hatten, uns den Arztbrief zukommen zu lassen, wurde er dann am 20.02.2013 zu Gerd seinem Hausarzt gefaxt . Der Kardiologe sagte uns, dass Gerd nicht hätte sterben müssen, wenn man eine Bypass OP gemacht hätte, oder einen Herzkatheter gelegt hätte. Daraufhin rief meine Mutter die Ärztin, die meinen Vater in der Nacht behandelt hat, in der Klinik an. Auf ihre Frage, warum man bei Gerd keinen Herzkatheter oder Bypass gemacht hätte, antwortete sie nur, das müsste man ihr überlassen, sie war die Ärztin, sie sei eine Spitzenkardiologin. Dann erzählte sie noch, dass Gerd sehr aufgeregt war und große Angst hatte, bevor er einen Kollaps hatte. Mehr wollte sie nicht mit meiner Mutter sprechen und sie legte auf. Meine Mutter telefonierte dann noch mit einer Krankenschwester, die ihr dann auch erzählte, dass mein Vater immer gerufen hat, und dass er stark gezittert hat, und dass Gerd immer aufstehen wollte und nach Hause wollte, und dass er dann ins Koma fiel, und dass er zusätzlich ins künstliche Koma versetzt worden ist, und dann 40 Minuten reanimiert wurde.
Meine Bitte, an die vielen Leser, wenn jemand von Ihnen mir Auskünfte geben kann, oder vielleicht sogar in der Nacht anwesend war, oder etwas gehört hat, oder etwas erzählt bekommen hat, was passiert ist, bevor mein Vater kollabierte, bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Wir werden Ihren Namen vertraulich behandeln. Warum hatte mein Vater so große Angst? Warum hat er immer gerufen? Warum hat er so sehr gezittert und wollte nach Hause? Meine Schwester holte uns die Krankenakte, was sehr schwierig war. In der Patientenakte wurde Gerd sein Todeszeitpunkt um 7.45 Uhr mit einem Kreuz dokumentiert. Aber wie ist das möglich? Wir wurden doch erst um 8.00 Uhr von diesem Mann zu Gerd gebracht, der dann alle Geräte abstellte, und uns zwang, Gerd beim Sterben zuzusehen. Das würde dann bedeuten, dass es ein Mensch 15 Minuten nach seinem Tod noch seinen Finger hebt? Ist das denn medizinisch möglich? Der letzte Eintrag in der Patientenakte ist um 7.00 Uhr, da hat Gerd noch gelebt, Puls und Blutdruck gehabt, darauf folgt dann nur noch das Kreuz mit 7.45 Uhr. Was ist denn in der Zeit passiert? Hatte mein Vater wieder einen Herzstillstand? Als wir um 8.00 Uhr zu Gerd ins Zimmer durften, da waren doch noch Aktivitäten auf dem Monitor zu sehen, bevor der Mann einfach alles abstellte. Was hat denn das zu beuten, wenn man einem Menschen im künstlichen Koma die Beatmung abstellt und sagt: „Er stirbt jetzt.“
Ist mein Vater erstickt? Hat mein Vater das denn noch mitbekommen, oder merkt man es nicht, wenn man im künstlichen Koma ist, und die Beatmung abgestellt wird? Wir haben so viele offene Fragen.
Meine Bitte, an die vielen Leser, unter Ihnen ist doch bestimmt jemand, der im Zentralcomputer nachsehen kann, um wie viel Uhr dort ein Herzstillstand, von meinem Vater aufgezeichnet wurde. Bitte lassen Sie uns einen Ausdruck aus dem Zentralcomputer vom 08.02.2013 von 7.00 – 8.10 Uhr morgens zukommen. Bitte helfen Sie uns, wir können den Tod von unserem Gerd nicht verarbeiten, wenn Fragen offen sind. Aus der Patientenakte konnten wir auch ersehen, dass die behandelnde Ärztin, Gerd um 5.30 Uhr zu einer randomisierten klinischen Studie angemeldet hat. Ohne Einwilligung. Unter den Ausschlusskriterien hat sie u.a. angegeben, dass Gerd keinen kardiogenen Schock hat, und dass er keine Infektion, Sepsis hat. Was hat das zu bedeuten? Wusste die Ärztin um 5.30 Uhr noch nicht, dass Gerd einen kardiogenen Schock, oder eine Infektion, Sepsis hat? Oder hat sie die Ausschlusskriterien absichtlich gefälscht? Durften wir deshalb nicht früher zu Gerd ins Zimmer?
Meine Bitte, an die vielen Leser, kann uns hier jemand einen Hinweis geben, wie so etwas in der Klinik möglich ist? Ist es in der Klinik üblich, dass Patienten ohne Einwilligung zu randomisierten klinischen Studien angemeldet werden? Ist es üblich, dass dafür sogar die Ausschlusskriterien gefälscht werden? Gibt es denn da keine Aufsicht? Am 22.03.2013 erhielten wir den endgültigen Obduktionsbericht. Die Obduktion ergab als Todesursache einen kardiogenen Schock bei ausgedehntem rezidiviertem, überwiegend frischem Myokardinfarkt.
Ursächlich ist eine hochgradige stenosierende Koronaratherosklerose.
Die Ärztin der Pathologie sagte uns, dass Gerd einen frischen Herzinfarkt hatte, und dass sie mit ihrer Oberärztin darüber gesprochen hätte, und dass sie nicht verstehen, wie man diesen großen Herzinfarkt übersehen konnte. Mittlerweile liegt uns ein Gutachten vor, eines international bekannten Kardiologen vor, der zu folgendem Ergebnis gekommen ist:
„Bei erfolgreicher möglichst frühzeitiger Revaskularisation des betroffenen Myokardgefäßes wäre ein Herzinfarkt verhindert oder begrenzt worden in seiner Ausdehnung und das Leben des Patienten (nach statistischen Erwägungen) verlängert worden.“
Wir haben dann dieses Gutachten an den Vorstand das UKSH gesendet, mit der Bitte um Stellungnahme. Wir bekamen keine Stellungnahme, sondern lediglich die Mitteilung, dass die Angelegenheit an die Haftpflichtversicherung des UKSH übergeben wurde.
Wir bekamen dann von der Haftpflichtversicherung eine Schadensnummer, und uns wurde im August 2014 mitgeteilt, dass die Haftpflichtversicherung den „Fall“ noch nicht bearbeiten könnte, weil sie erst noch auf eine Stellungnahme des UKSH warten würden. Es vergingen weitere 4 Monate, wir warteten auf die Stellungnahme, in der Hoffnung, dass wir durch die Stellungnahme der Ärzte, die unseren Gerd in der Todesnacht behandelt haben, nun endlich eine Aufklärung bekommen. Aber statt Aufklärung bekamen wir dann folgenden Satz der Haftpflichtversicherung:
Man könne aufgrund der plausiblen Ausführungen der Versicherungsnehmerin keine Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Behandlung ziehen.
Das war alles. Welche plausiblen Ausführungen? Eine weitere Begründung haben wir nicht erhalten. Für uns Angehörige gab es wieder keine Aufklärung. Wir haben die Versicherung gebeten, dass sie uns bitte die Stellungnahme des UKSH zu senden, damit wir die Begründung lesen können. Wir wurden dann wieder aufgefordert Geduld zu haben, da die Versicherung erst das UKSH fragen müsste, ob wir Angehörige die Stellungnahme des UKSH sehen dürften. Am 24.12.2014, Heiligabend, erhielten wir dann ein Schreiben von der Haftpflichtversicherung des UKSH, in dem folgendes steht:
In der Stellungnahme der Klinik schildern die Ärzte sehr ausführlich die einzelnen Symptome sowie die jeweiligen Diagnosen und Behandlungen im Zeitablauf. Dabei setzen sie sich auch mit dem Gutachten auseinander.
Und weiter:
Aufgrund Ihrer Bitte um Herausgabe der Stellungnahme hatten wir unsere Versicherungsnehmerin nochmals angeschrieben. Diese hat ihr Einverständnis zur Weitergabe an Sie aber nicht erteilt.
So darf man doch nicht mit dem Leid der Menschen umgehen. Warum dürfen fremde Menschen diese Stellungnahme einsehen, aber nicht wir Angehörigen? Gerade für uns ist die Aufklärung wichtig. Ich verstehe nicht, warum wir vom Vorstand des UKSH diese weiteren 4 Monate „an der Nase herumgeführt“ wurden. Hätte man uns doch gleich schreiben können, dass wir keine schriftliche Stellungnahme erhalten werden, dann hätten wir nicht auch noch 4 Monate mit den Sachbearbeitern des Haftpflichtversicherers kommunizieren müssen, die uns immer hingehalten haben, dass auf eine Stellungnahme des UKSH gewartet wird. Das ist doch gemein. Meine Bitte, an die vielen Leser, wenn jemand von Ihnen Einfluss hat, oder irgendeine Möglichkeit sieht, uns diese Stellungnahme zukommen zu lassen, dann nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf (auch anonym). Mir ist bewusst, dass unser Gerd Zimmermann in einer so großen Klinik nur ein Patient von vielen war, aber für uns war er ein Familienmitglied, ein Vater, ein Ehemann und ein guter Freund, er war ein Teil von uns. Ich weiß auch, dass Menschen Fehler machen, aber ich wurde so erzogen, dass wenn ich Fehler begehe, dass ich dann auch alles Mögliche unternehme, um diese Fehler wieder gut zu machen. Niemand von den beteiligten Ärzten hat uns seine Hand gereicht, und uns Hilfe angeboten, sie haben sich nicht einmal selbst entschuldigt. Durch diese Erlebnisse, wurden aus 3 Angehörigen, deren Psyche bis dahin völlig intakt war, 3 Menschen, die dieses seelische Trauma bis heute nicht verarbeiten können und dadurch selbst krank geworden sind. Wir sind für jeden Hinweis und jede Hilfe (auch anonym) sehr dankbar.
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